Direktor*innen-Dienstag #16
Hamburgs Museumsdirektor*innen stehen uns Rede und Antwort: Alle zwei Wochen beantworten sie 9 Fragen zu ihrem Haus, zum Beruf und zu sich. Heute begrüßen wir Prof. Dr. Barbara Plankensteiner, Direktorin des MARKK – Museum am Rothenbaum.
1. Welche Stadt, welches Land bzw. welche regionalen oder kulturellen Einflüsse haben Sie in Ihrem Denken besonders geprägt?
Ich bin in Südtirol aufgewachsen, also zwischen mehreren kulturellen Traditionen und Identitäten, wie auch die Mehrsprachigkeit, das alles hat mich geprägt.
2. Seit wann leben Sie in Hamburg?
Seit ich 2017 das Amt der Direktorin im Museum am Rothenbaum übernommen habe.
3. Welche Museen, Kultureinrichtungen oder Gedenkorte haben Sie in Ihrer Arbeit nachhaltig beeinflusst?
Da fallen mir mehrere Beispiele ein. Das Museum für angewandte Kunst in Wien hat sich in den 1980er Jahren radikal verändert. Das war eine spannende Aufbruchszeit, in der eine Institution mit eher verstaubtem Image durch eine für die damalige Zeit wirklich zukunftsweisende Programmatik völlig neu aufgetreten ist. Auch das heute nicht mehr existierende Museum for African Art in New York hat mich damals durch seine forschungsbasierten Ausstellungen nachhaltig beeindruckt. Heute finde ich die Konzepte und Projekte der niederländischen World Culture Museen für unseren Bereich besonders inspirierend.
4. Welche Ausstellung ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben und warum?
2007 habe ich in Wien eine große Ausstellung namens „Benin – Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria“ zu der höfischen Kunst aus dem ehemaligen Königreich Benin kuratiert, die auch international vielfach gezeigt wurde. Aus diesem Projekt ist damals auch der Benin Dialog hervorgegangen, der die heutigen Rückgabegespräche begleitet. Aktuell arbeite ich an einer Ausstellung im MARKK, die sich ebenfalls mit den Kunstwerken aus Benin befasst und erstmals seit über 100 Jahren die vollständige Benin-Sammlung des Hauses präsentiert und über den laufenden Restitutionsprozess informiert.
5. Was ist für Sie persönlich die größte Herausforderung im Berufsbild der Museumsdirektorin?
Mir ist es sehr wichtig, neben den zahlreichen Repräsentationsaufgaben und dem Management des Hauses auch weiterhin inhaltlich arbeiten und sich diesbezüglich auch weiterentwickeln zu können. Dieser Spagat beschäftigt mich durchaus immer wieder.
6. Bitte stellen Sie uns mit einem Satz vor: das größte, das wertvollste und das wundersamste Objekt Ihrer Sammlung?
Diese Beschreibung trifft zweifellos auf das Maorihaus „Rauru“ zu. „Rauru“ ist ein um 1900 bei Whakarewarewa fertiggestelltes Versammlungshaus aus Neuseeland, das in seiner Vollständigkeit in Europa einzigartig ist. Seit 1912 befindet es sich im oberen Südflügel des Museums und bietet wichtige Anknüpfungspunkte für den Austausch mit den Nachfahr:innen der Künstlerfamilien, die sich Rauru besonders verbunden wissen.
7. Welche Kooperation – ob mit Stiftungen, anderen Museen, Wirtschaftsunternehmen, sozialen Einrichtungen oder anderen – hielten Sie für besonders gelungen und warum?
Die gerade laufende Ausstellung „Hey Hamburg, kennst Du Duala Manga Bell?“ geht auf eine intensive Zusammenarbeit mit Princess Marilyn Douala Manga Bell, der Nachfahrin von König Rudolf Duala Manga Bell aus Kamerun zurück und ist dank der Unterstützung der Kulturstiftung des Bundes entstanden. Es ist eine sehr vielstimmige Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit Partner:innen aus Wissenschaft, Kunst und Zivilgesellschaft entstanden ist. Das war aufgrund der Thematik eine emotionale und besondere Entstehungsgeschichte.
Außerdem entwickeln wir mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung und mit einem transkontinentalen Team gerade eine digitale Wissensplattform namens Digital Benin, die bis Ende 2022 einen weltweiten Überblick über die geraubten Kunstwerke aus dem ehemaligen Königreich Benin geben wird, die aktuell im Fokus der Restitutionsdebatte stehen.
8. Welche Besucher*innengruppen wünschten Sie sich noch oder mehr in Ihrem Haus begrüßen zu dürfen? Welche Maßnahmen sehen Sie, diese erreichen zu können?
Durch Corona haben wir wie alle Museen leider an internationalem Publikum, darunter Tourist:innen, verloren. Die möchten wir natürlich wieder mehr erreichen, sobald sich die Lage normalisiert. Uns sind aber insbesondere auch junge Menschen, die oftmals weniger ins Museum gehen, wichtig und gestalten z.B. mit der Ausstellung Hey Hamburg, kennst Du Duala Manga Bell? Angebote für diese spezielle Zielgruppe. Auch wollen wir unser Publikum und Programm zunehmend diversifizieren. Ansonsten freuen wir uns sehr, dass es uns gelingt, durch den Neupositionierungsprozess neue Besucher:innengruppen für unsere Themen zu interessieren.
9. Und schließlich: Was möchten Sie in Ihrem Museum noch erleben?
Die bauliche Erneuerung und Sanierung unseres Museumsgebäudes an der Rothenbaumchaussee.
Vielen Dank!
Neuigkeiten Andere Beiträge
"Bitte anfassen, bitte mitmachen"
Der NDR begleitet eine Führung für Erwachsene mit Lernschwierigkeiten in der Hamburger Kunsthalle
Führung zum Jahresabschluss
Ein bisschen gehaltvoller als nur eine Runde Glühwein sind Führungen und Angebote in den Hamburger Museen.
Gedenken und Erinnern
Mahnmale und Gedenkstätten in der Stadt, bieten mit ihren Führungen und Workshops die Möglichkeit, sich dem Thema Nationalsozialismus zu nähern.
»Museum zum Anfassen«
Der Museumsdienst vermittelt neue inklusive Führungsformate für Menschen mit Lernschwierigkeiten in neun Hamburger Museen, Ausstellungshäusern und Gedenkstätten. Die Führungen sind in Einfacher Sprache und werden durch einen Koffer mit Dingen zum Anfassen und Ausprobieren begleitet.